Dunkel hier und ausgestorben. Aber hauptsächlich eng. Ich bin alleine, sitze mit unserem Gepäck im Eingang eines Hauses inmitten Cagliari Altstadt während der freundliche B&B Besitzer den wir zu so später Stunde raus klingeln mussten mit meinem Mann einen Parkplatz sucht. Junior sitzt schnarchend im Kindersitz und darf noch mitfahren.
Eigentlich waren die Zeiten gut geplant. Nach dem Mittagsschlaf zum Flughafen, Ankunft Italien gegen sieben. Um diese Zeit saßen wir dann allerdings noch immer an Stuttgarts engstgedrängtem Gate fest, ohne Aussicht auf Abflug. Der Flug verläuft schlussendlich aber angenehm, Junior ist zwei, hat daher seinen eigenen Sitz und fühlt sich prächtig. Als wir landen, schaut er aus dem Fenster und trällert freudig “Neuseeland“. Als wir auf Italien korrigieren, weint er fürchterlich. Wir beschließen, dass wir zur allgemeinen Stimmung für heute Abend doch in Neuseeland gelandet sind. Toll wie schnell, das diesmal ging.
Es ist bereits dunkel, als wir beim Mietwagen-Verleih ankommen. Die endlose Schlange lässt uns seufzen, doch Junior rast freudig mit seinem Handgepäck Rollkoffer durch die Halle, ein wirklich guter Kauf für diese Reisen, denn mutig wie wir sind, haben wir den Buggy zu Hause gelassen.
Emotionslos reiht sich Papa in die Mietauto-Schlange ein, den Gedanken beim “Zwergen-Carro”, den er die nächsten zwei Wochen steuern darf. Kein schicker großer Wagen, sondern ein kleiner Fiat 500. Zur Fortbewegung ausreichend und deutlich günstiger, hat er sich in der Diskussion zu Hause dann irgendwann ergeben. Es wäre sogar ein Cabrio gewesen, aber die Götter sind ihm gnädig und er bekommt einfach so ein Upgrade. Papa ist glücklich und Mama verabschiedet sich etwas wehmütig von wehendem Haar im süßen Fiat.
Schnell legt sich das Upgrade aber wie eine Art Bestrafung über uns, denn als wir mit dem dicken SUV durch die engen Gassen von Cagliaris Innenstadt müssen, stoßen wir unaufhörlich Adrenalin aus. Die Warnleuchten des Autos piepen und blinken völlig außer sich ohne Unterlass für alle Fahrzeug-Seiten in dunklem Rot, so eng ist es. Manchmal müssen wir beide Spiegel einklappen, um überhaupt weiterfahren zu können, wirklich nichts für schwache Nerven.
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Wir schlafen für sonstige Verhältnisse richtig aus und sitzen um acht beim Frühstück. Eine nette Familie aus Argentinien lässt mein eingerostetes Spanisch wieder aufleben. Wir starten einen kleinen Einkaufsbummel in Cagliari, das Kaufhaus Rinascente natürlich. Doch nicht für mich. Junior braucht noch ein UV Shirt für den Strand. Die Antwort der italienischen Verkäuferin ist eindeutig. Das gibt es auf Sardinien nicht, zu was auch, es gibt doch Sonnencreme? Mit dem caramelfarbigen Grundteint hat man leicht reden…
Wir fahren zum Nationalpark Stange dei Molentargius, den wir allerdings nur mäßig empfehlen können. Wir haben zwar tatsächlich Flamingos gesehen, aber ansonsten waren die Salinen irgendwie nicht so beeindruckend wie gehofft. Vielleicht müsste man hier eher eine große Wanderung machen, ich weiß es nicht, wir fahren jedenfalls recht zügig weiter.
Wir tauchen im Stadtstrand von Villasimius am Spiaggia Giunco die Füße ins kühle Nass. Erst am Capo Carbonara entlang, mit Blick auf den den alten ehrwürdigen Turm. Das Meer ist sauber und klar, laut Reiseführer soll der Sand weich und feinsandig sein. Ist er auch, wenn man dann mal ein Sandkörnchen zwischen den Massen an Körpern, Strandtüchern, marokkanischen Uhrenverkäufern und Sonnenliegen entdeckt, die hier so mit uns die Sonne genießen. Ich erinnere mich an die einsamen Strände auf den Bahamas, als wir noch nicht zur Sommerferien-Zeit verreisten. Beim Blick auf den Mini wie er quietschend im Wasser tobt ist aber alles vergessen und ich genieße den Anblick trotz umgebender Fleischberge.
Wir fahren nach Muravera. Wir sind müde vom Strand und völlig ausgehungert. Jetzt stoßen wir auf das südländische Kontrastprogramm. Deutsches Kind, das um sechs essen und um sieben schlafen muss und italienische Restaurants, die um acht erst öffnen. Die Zeit bis zur Pizza scheint endlos. Müdigkeit und Hunger verwandeln unseren Liebling in ein unerträgliches kleines Monster. Bis die Pizza da ist, will er nichts mehr essen. Wir gehen nach Hause und ändern ab sofort den Rhythmus auf Mittagessen und selbst gekauftes Vesper um.
Ein weiterer Kontrast in Sachen Essen ist das italienische Frühstück. Was mir persönlich natürlich ein wahres Schlaraffenland, wird in Sachen zuckerarme Erziehung dann doch eher schwierig. Kekse in allen Variationen, Schaumküsse, Tiramisu, Schokoladencroissants. Alles vitamin- und ballaststofffrei. Da halten wir uns eben an einen Pfannkuchen mit Marmelade, denn da sind ja immerhin Früchte drin, wie eine Freundin im Scherz sagte.
Wir spazieren etwas im Garten herum und entdecken einen alten zerfallenen Traktor, den längst das Zeitliche gesegnet hat. Junior kann sein Glück kaum fassen, als ich ihn auf den zerschlissenen Sitz hebe und er das Lenkrad anfassen darf. Die berühmte italienische Kinderliebe suche ich allerdings vergeblich, als der wütend schnaubende Traktorbesitzer aus einem Eingang geschossen kommt und uns mit italienischen Vorwürfen davon jagt. Ich könnte schwören, dass sogar Blitze aus seinen Augen kamen…
Wir fahren zum Spiaggia di Cea, bis auf das viele Seegras echt schön, aber die Sonne brennt gewaltig und wir wollen es nicht übertreiben, zumal uns das UV Hemd aus Sonnencreme beim Kleinen nicht so beruhigt.
Da wir aufgrund Platzmangels im Gepäck das Sandelzeug zu Hause gelassen haben und unser kleiner Mann unaufhörlich das Wort “Schaufel” wie ein Vorwurfs-Mantra an uns hin predigt, darf er sich im Supermarkt etwas zum Sandeln aussuchen. Papa und Sohn gehen voran und der Stolz und das Glück könnte nicht größer sein, als Junior mit seiner fetten Beute aus dem Laden stolziert. Die heiß ersehnte Schaufel hat sich wohl in einen Bagger verwandelt. Dazugelernt kaufen wir uns im Supermarkt in Tortoli leckere Tapas zum Abendessen ein, die wir dann gemeinsam auf dem Balkon essen und bringen ein fröhliches und sattes Kind zu Bett.
Wir fahren weiter bis Dorgali und baden an der Cala Ganone. Nach einigen Serpentinen und flauem Magen blicken wir auf das schöne Wasser. Das Meer ist türkis und klar, der Strand aus grobem Kies, was beim Liegen zwar etwas unangenehm ist, dem kleinen Mann aber pures Lebensglück beschert, denn er kann stundenlang Steine sammeln und ins Wasser werfen.
Hier verbringen wir zwei wunderschöne Strandtage und genießen es, nicht gleich morgens wieder die Koffer packen zu müssen, sondern zur angenehmen kühlen Morgenstunde, an der uns Junior immer aus den Federn zwingt, das Glitzern auf dem Meer zu sehen und den kleinen Mann in Ruhe sandeln zu lassen.
Ich selbst schiebe es auf den kontinuierlichen Schlafentzug, dass ich den ganzen Strandtag über das Gefühl habe, mein Hintern sei aus dem Bikinihöschen drastisch herausgewachsen und wahlweise nur die linke oder die rechte Pobacke etwas Sichtschutz darunter findet, aber erst beim Gehen bemerke, dass ich das Höschen schlicht und ergreifend falsch herum angezogen habe. Wenigstens bringt der unfreiwillige Tanga meinen Mann noch Tage später herzhaft zum lachen.
Der Rückweg ist erneut nichts für schwache Nerven. Das Navi lotst uns durch so enge Gassen, dass wir wieder alle Spiegel einklappen und teilweise im Zickzack vor und zurück manövrieren müssen, um überhaupt um die engen Kurven zu kommen. Mehr als einmal befürchten wir, hier einfach stecken zu bleiben. Ein Glück ist unser Papa der beste Autofahrer der Welt, anders wären wir hier wirklich verzweifelt.
Wir erreichen Budoni, ein schöner langer Stadtstrand, wo unser kleiner Mann den fehlenden Schlaf der Nacht nachholt, als wir stundenlang am Fenster standen, um die Sterne anzusehen, da er nicht schlafen konnte, weil der fiese Pseudo Krupp wohl auch mit in den Urlaub musste. Er schnorchelt zwei Stunden vor sich hin, dann fahren wir etwas außerhalb zu unserer Unterkunft, die uns mit Terrasse, Pool und einer kleinen Küche verwöhnt.
Den nächsten Morgen beginnen wir mit einem wunderschönen Sonnenaufgang. Die Ruhe ist einfach nur großartig, nur Vogel Gezwitscher und Wind, sonst nichts.
Der Strand hier ist ebenfalls wunderschön. Feinster Pudersand und glasklares karibisch anmutendes Meer. Schaut man zum Wasser kann man die Menschen vergessen, die rechts und links dicht an uns dran liegen.
Wir erreichen Olbia. Unser Hotel ähnelt im innerem einem Schiff, Frühstück ist zwar nur mäßig, dafür sind wir zentral und haben einen Pool, gefällt uns auch gut.
Heute ist ein besonderer Tag. Als wüsste es der kleine Mann, lässt er mich bis acht Uhr ausschlafen, ein echtes Geschenk. Darüber freut sich auch der Papa. Wir machen einen Ausflug nach Porto Cervo, bewundern die Luxus-Yachten und genießen Window-Shopping der Edelmarken.
Salut, altes Mädchen. Ein kühler Spritz für die Mama. 38 …
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